Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 20
In dieser Vorlesung möchten wir zunächst nachweisen, dass es sich bei einem Kreisteilungskörper über um eine Galoiserweiterung handelt, deren Galoisgruppe abelsch ist und eine Struktur besitzt, die unmittelbar mit den Einheitswurzeln zusammenhängt.
- Kreisteilungskörper als Galoiserweiterung
Wir kommen nun zur Galoiseigenschaft der Kreisteilungskörper über .
Satz
Es sei der-te Kreisteilungskörper.
Dann isteineGaloiserweiterungmit der Galoisgruppe
Dabei entspricht der Einheit derjenige Automorphismus , der eine -te Einheitswurzel auf abbildet.
Beweis
NachKorollar 19.12ist
wobei das -te Kreisteilungspolynomist. Dieses ist das Produktüber alleprimitiven Einheitswurzelnund damit vom Grad . Da der Kreisteilungskörper all diese primitiven Einheitswurzeln enthält, zerfällt das Kreisteilungspolynom über in Linearfaktoren und daher ist der Zerfällungskörperdes Kreisteilungspolynoms und somit nachSatz 16.6eineGaloiserweiterung.
Es sei nun eine primitive -te Einheitswurzel, und zwar diejenige, die bei der obigen Restklassenidentifizierung der Variablen entspricht. Zu ist ebenfalls eine primitive Einheitswurzel. Wir betrachten den Einsetzungshomomorphismus
Dieser ist surjektiv, da den Kreisteilungskörper erzeugt. Wegeninduziert dies einen Automorphismus
Dadurch erhalten wir eine Zuordnung
Für ist
so dassgilt(da die Automorphismen auf dem Erzeuger festgelegt sind).Die Zuordnung ist also ein Gruppenhomomorphismus. Für verschiedene Einheitenist und somit.Die Abbildung ist also injektiv. Da es links und rechts Elemente gibt, ist die Abbildung eine Bijektion.
Beispiel
Wir betrachten den achten Kreisteilungskörper. Die Einheitengruppe ist , wobei die Ordnung besitzen. Die nachSatz 20.1zugehörigen Körperautomorphismen sind neben der Identität die Abbildungen , die auf den Einheitswurzeln( sei eine primitive achte Einheitswurzel)folgendermaßen wirken.
und
Korollar
Zu jederendlichen abelschen Gruppe
gibt es eine endlicheGaloiserweiterung,deren Galoisgruppegleich ist.
Beweis
Nach einem Satz, den wir hier nicht beweisen,lässt sich alsRestklassengruppe einerEinheitengruppe auffassen. Es sei
der zugehörige surjektive Restklassenhomomorphismus und der Kerndavon. NachSatz 20.1ist die Galoisgruppeder -ten Kreisteilungserweiterung.Es seider Fixkörperzu . NachSatz 17.5isteineGaloiserweiterungmit Galoisgruppe .
Es ist ein offenes Problem, ob jede endliche Gruppe als Galoisgruppe einer Galoiserweiterung von auftritt. Diese Fragestellung gehört zur sogenannten inversen Galoistheorie.
- Galoiseigenschaften des Kompositums
Wir betrachten eine wichtige Konstruktion, das sogenannte Kompositum.
Definition
Es seieine Körpererweiterung und seienzwei Zwischenkörper. Dann nennt man den von und erzeugten Unterkörperdas Kompositum der beiden Körper(in ).Es wird mit bezeichnet.
Das Kompositum hängt vom Oberkörper ab. Wenn man von endlichen Körpererweiterungenundausgeht, so sichertAufgabe 10.11,dass es überhaupt einen gemeinsamen Oberkörper gibt.
Lemma
Es seieine endlicheseparable Körpererweiterungund seieine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem dasKompositumgebildet sei.
Dann istebenfalls eine endliche separable Körpererweiterung.
Beweis
Es seiseparabel,und seien die zu gehörigen(separablen) Minimalpolynome.Dann istund die Minimalpolynome der über sind in Teiler der und daher selbst separabel. NachSatz 13.11isteineseparable Körpererweiterung.
Lemma
Es seieine endlichenormale Körpererweiterungund seieine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem dasKompositumgebildet sei.
Dann istebenfalls eine normale Körpererweiterung.
Beweis
Wir könnenschreiben, und wir wissen, dass es zugehörige Polynome mitgibt, die über zerfallen. Daher istund dieselben Polynome, aufgefasst in , erfüllen die gleichen Eigenschaften. AusSatz 15.4 (3)ergibt sich die Normalität.
Aus diesen zwei Lemmata ergibt sich der folgende Satz, der für die Charakterisierung der auflösbaren Körpererweiterungen wichtig ist.
Satz
Es seieineendlicheGaloiserweiterung und seieine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem dasKompositumgebildet sei.
Dann istebenfalls eine endliche Galoiserweiterung, und für ihre Galoisgruppegilt die natürliche Isomorphie
Beweis
Die ErweiterungistnormalnachLemma 20.6undseparabelnachLemma 20.5,also eineGaloiserweiterungaufgrund vonSatz 16.6.
Zur Berechnung der Galoisgruppe gehen wir von der Einschränkungsabbildung
aus, die wegen der Normalitätvon nachSatz 15.4 (4)ein wohldefinierter Gruppenhomomorphismusist.Es sei ein Automorphismus, dessen Bild unter diesem Homomorphismus trivial sei, also.Da auchgilt, ist auf dem Kompositumdie Identität, also das neutrale Element. Daher ist nachdem Kernkriteriuminjektiv.
DasBildvon ist eine Untergruppe.Aufgrundder Galoiskorrespondenzgibt es einen Zwischenkörper, ,mit,und zwar ist der Fixkörpervon . Es liegt also insgesamt die Situation
vor. Wir behaupten.Für jedes ist,und daher ist auch.Also ist.Wenn ist, so bedeutet dies, dass für jedes die Gleichheit gilt. Dann ist aber nachSatz 16.6,daeineGaloiserweiterungist. Somit ist . Insgesamt ist also
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