Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 20
- Zerlegungsverhalten
Wir besprechen nun systematisch, wie eine Primzahl in einemZahlbereich zerlegt wird, also wie viele Primideale von oberhalb von liegen, wie diese sich zueinander verhalten und wie die Abhängigkeit von aussieht. Viele Eigenschaften hängen dabei allein vom Faserring ab, von dem wir nachKorollar 8.8wissen, dass als additive Gruppe isomorph zu ist, wenn der Grad der Erweiterung ist.
Definition
Es seieineendliche Erweiterungvon kommutativen Ringen, sei einPrimidealvon und ein Primideal von über . Dann nennt man den Gradder Erweiterung derRestekörperdenTrägheitsgrad von über .
Bemerkung
Wenneine endliche Erweiterung von Dedekindbereichen ist und ein maximales Ideal von ist und ein maximales Ideal von über , so ist der Trägheitsgradeinfach der Grad der Körpererweiterung
(der Trägheitsgrad im Nullideal ist einfach der Grad der Erweiterung der Quotientenkörper).Wenn und damit auch ein Zahlbereich ist, so sind diese Körper stets endlich von gleicher Charakteristik , und daher liegt eine Erweiterung der Formmitundvor.
Lemma
Es sei ein kommutativer Ringundeineendliche Erweiterungder Formmit einem normierten Polynomvom Grad. Es sei ein Primidealvon .
Dann ist die Summe über alle Trägheitsgradezu Primidealen über durch beschränkt.
Beweis
Durch Übergang mittelskann man direkt annehmen, dass ein Körper ist und dass das Primideal das Nullideal ist. Es liegt dann die endliche Erweiterungvor. Die Primideale von oberhalb von entsprechen den Primidealen von und damit den irreduziblen Teilern von in . Seidie Primfaktorzerlegung von in . Die relevanten Körpererweiterungen sind dann die
Die Aussage folgt daher direkt aus Gradeigenschaften von Polynomen über einem Körper.
Satz
Es sei einDedekindbereichmitQuotientenkörper, eine Körpererweiterungvom Grad und derganze Abschlussvon in . Es sei ein von verschiedenesPrimidealvon mit der Primidealzerlegung
in . Die Körpererweiterungenhaben die Trägheitsgrade.
Dann ist
Beweis
Nach dem chinesischen Restsatz für Dedekindbereicheist
Wir können über demdiskreten Bewertungsring argumentieren, also davon ausgehen, dass ein diskreter Bewertungsring mit dem maximalen Ideal ist. Die angeführten Restklassenringe ändern sich dadurch nicht. Es ist ein freier -Modul vom Rang und somit ist
ein-Vektorraumder Dimension. Oben rechts steht das Produkt der -Vektorräume und es ist zu zeigen, dass deren -Dimension gleich ist. Dies zeigen wir durch Induktion über,wobei der Induktionsanfang fürdie Definition des Trägheitsgrades ist. Wegenliegt einekurze exakte Sequenz
vor. Dabei ist
Deshalb folgt die Aussage aufgrund der Vektorraumadditivität in kurzen exakten Sequenzen.
Die in diesem Satz auftretende Gleichung nennt man auch fundamentale Gleichung. NachLemma 18.3liegt genau dannVerzweigungoberhalb von vor, wenn einer derVerzweigungsindizes größer als ist.
Die beiden extremen Möglichkeiten für das Zerlegungsverhalten bekommen einen eigenen Namen.
Definition
Es sei einDedekindbereichmitQuotientenkörper, eine Körpererweiterungvom Grad und derganze Abschlussvon in . Ein von verschiedenesPrimideal von heißtvoll zerlegtin , wenn es Primideale in oberhalb von gibt.
Im voll zerlegten Fall istfür.Es liegt keine Verzweigung von und alle Restekörper stimmen mit dem Grundkörper überein.
Definition
Es sei einDedekindbereichmitQuotientenkörper, eine Körpererweiterungvom Grad und derganze Abschlussvon in . Ein von verschiedenesPrimideal von heißtunzerlegtin , wenn es genau ein Primideal in oberhalb von gibt.
In diesem Fall ist.
Beispiel
Wir betrachten die Ringerweiterung.Auf der Ebene derQuotientenkörperliegt diequadratische Körpererweiterungder zugehörigenFunktionenkörpervor, und ist derganze Abschlussvon in . DiePrimideale von sind von der Form mitoder von der Form mit einem quadratischen Polynom ohne reelle Nullstelle. Die Restekörper in diesem zweiten Fall sind isomorph zu . Die Primideale in sind alle von der Form mit.
In der Erweiterung liegt über dem Primideal das entsprechende Ideal, dieses Ideal ist alsounzerlegt,dieVerzweigungsordnungist und die Restekörpererweiterung ist,derTrägheitsgradist also . Zu einem Primideal zu einem Polynom ohne reelle Nullstelle seien und die zueinander konjugierten komplexen Nullstellen. In gilt die Idealzerlegung.Die Verzweigungsordnungen sind also und in den Restekörpern liegt ein Isomorphismus vor, die Trägheitsgrade sind also . Diese Primideale sind voll zerlegt.
Beispiel
Es sei.Wir beschreiben exemplarisch das Verhalten von Primzahlen in diesem Zahlbereich. Es sei zuerst.Hier ist über
und somit.Es gibt also nur ein Primideal oberhalb von und dessen Restklassenkörper ist , der Trägheitsgradist also und der Verzweigungsindexist .
Das Zerlegungsverhalten der anderen Primzahlenversuchen wir mit Hilfe eines Zwischenringes zu verstehen. Sei
Eine direkte Rechnung(sieheBeispiel 17.5)zeigt,d.h. es liegt ein Zwischenring
vor, wobei der Ganzheitsring zu mitSatz 9.8bestimmt wurde.
Für
ist ein Quadrat modulo . Über diesen Primzahlen liegen in zwei Primideale, beide mit dem Restekörper und dem Trägheitsgrad . Über diesen Primzahlen zerfällt das fünfte Kreisteilungspolynom in zwei Faktoren vom Grad . Ob es weiter in Linearfaktoren zerfällt, hängt von ab.
Beisind fünfte Einheitswurzeln in und das Kreisteilungspolynom hat die Zerlegung
Über liegen also vier Primideale, jeweils mit dem Trägheitsgrad . Ein entsprechendes Verhalten gilt für alle Primzahlen mitnachKorollar 23.3.
Beigibt es nur die als fünfte Einheitswurzel und es gilt
wobei für eine Quadratwurzel von aus einzusetzen ist. Beiist beispielsweiseund daher ist
Bei
Es ist einfach Beispiele von Zahlbereichen anzugeben, in denen jedes Primideal des Grundringes zerlegt (also nicht unzerlegt)ist. Für das folgende Beispiel siehe auchKorollar 22.9.
Beispiel
Es seienverschiedene quadratfreie Zahlen, sei
die zugehörigeKörpererweiterungvom Grad und sei
der Ganzheitsringvon in , wobei für dieses Beispiel der Unterschied zwischen und irrelevant ist. Wir bestimmen die Faser über einem Primideal zu einer Primzahl . Der beschreibende Ring ist
Wir beschränken uns auf Primzahlen , die weder noch teilen, was bedeutet, dass die zugehörigen Restklassen Einheiten in sind. Wenn (entsprechend für ) ein Quadrat in ist, sagen wir
so ist
wobei die letzte Identifizierung durch gegeben ist. Der Faserring ist also ein Produktring und kein Körper und zerfällt in und dann auch in in zumindest zwei Primideale.
Wenn hingegen sowohl als auch Nichtquadrate in sind, so ist das Produkt ein Quadrat, sagen wir.Dann gelten, da ja eine Einheit ist, in die Idealgleichheiten
und damit ist
es liegt also wieder ein Produktring vor.
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